Ich bin müde geworden. Wo ich mich früher™ noch mit strahlenden Augen durch RSS-Feeds oder den Pownce-Stream gegraben habe, fühlen sich Streams heute nur noch langweilig an. Egal auf welcher Plattform. Noch nie bin ich so vielen Menschen gefolgt, die so spannende Berufe haben und dennoch alle das Gleiche teilen: Die selben Artikel, die gleiche Kritik, ähnliche Empfehlungen und Bilder, die alle an den selben Orten aufgenommen wurden. Ich bin nicht anders. Mein Instagram-Stream zeigt Sonnenuntergänge. Auf LinkedIn teile ich Artikel, die mich strukturiert wirken lassen – auch wenn mein Alltag teilweise ganz schön planlos verläuft. Und auf Facebook finde ich mehr Veranstaltungen interessant als es Tage gibt, an denen ich die Wohnung verlassen werde.
Digitale Inhalte verschwimmen und zerlaufen und sind zu sehr angereichert mit Irrelevantem. Das Dilemma ist, dass man nur durch Quantität an der Oberfläche bleibt, und da ist Überflüssigkeit folglich vorprogrammiert.
Vorbei die Zeit, in der ich lange Blogartikel lese und darüber Menschen kennenlerne. Mich selbst ein bisschen besser verstehe und das schöne Gefühl empfinde, nicht alleine zu sein. Heute lerne ich nur noch wenig dazu. Werde selten überrascht. Die meisten Einblicke sind geschönt. Alles wird professionalisiert. Und dadurch so unfassbar öde.
Die praktischen Vorteile sind allerdings nahezu verpufft. Keine neuen Freunde, keine neuen Einblicke auf ganz andere Bereiche der Welt. Nur anhaltend mehr vom gleichen. Zumindest in Relation zum Aufwand und den negativen Aspekten des Always-On-Lifestyles.
Jetzt könnte man denken: Das ist doch super 🙌 Endlich Zeit für sinnvolle Dinge. Doch leider verbringe ich weiterhin viel zu viel Zeit in diesen Streams. Lasse mich treiben. Völlig anteilnahmslos. Das macht mich langsam wütend. Wo sind die Orte, an denen man wieder überrascht wird? Wo lernt man Menschen kennen, die auch mal über ihre Ängste sprechen und ihre Gedanken teilen? Und dafür keinen eigenen Podcast produzieren und 90-Minuten-Monologe führen…
Bin offen für jeden Hinweis. Und bis dahin denke ich ernsthaft darüber nach, mich aus den ganzen Streams zurück zu ziehen. Und eine gehörige Portion Schlaf nachzuholen. Nachdem ich diesen Blogbeitrag in allen Streams geteilt habe. 😶
Marcel sagt:
Auf eine Art beantwortest du deine Frage vom Ende ja selbst. Sowohl indem du einen Blog führst, der Einträge, wie diesen hat, als auch dadurch, dass du auf zwei weitere Blogs verweist, die solche Einträge und Inhalte beinhalten. 😀
2. März 2020 — 14:31
andreasspiegler sagt:
Genau, zu Teilen sehe ich bereits andere Wege. Aber es dauert so ein Verhalten zu verändern. Vielleicht auch zu akzeptieren, dass eine bestimmte Zeit vorbei ist. In diesem Prozess befinde ich mich gerade 🙂
2. März 2020 — 14:35
Philipp Königs sagt:
Hallo Andreas, ich habe kürzlich eine ähnliche Beobachtungen gemacht. Während ich auf LinkedIn für die typischen Business Posts jeweils zwischen 300-500 Views erhalte, hat ein recht kritisch, beziehungsweise provokant formulierter Post über einen privaten Kontowechsel 50.000 Views, 300 likes, und etliche Kommentare hervorgerufen. Die Kommentare waren wiederum teils sehr unterschiedlich formuliert. Zustimmung, Ablehnung, Sarkasmus,… Alles dabei!
Was ich daraus für mich persönlich entnommen habe ist, dass Menschen offenbar mehr und mehr wert schätzen wenn jemand tatsächlich persönliche Dinge postuliert. Das an sich ist nicht verwunderlich aber auf den einschlägigen Plattformen definitiv noch die Seltenheit. Viele Grüße, Philipp
3. März 2020 — 18:41
andreasspiegler sagt:
Stimmt. Und das in Netzwerken, die eigentlich eher für profesionelle Inhalte gemacht wurden. Die spannende Frage ist, ob die etlichen Kommentare auch wertvoll sind oder ob man sich von View- und Like-Zahlen blenden lässt. Ich freue mich mittlerweile mehr über persönliche WhatsApp-Nachrichten oder Reaktionen bei Begegnungen als über ein Like/Herz/…
4. März 2020 — 10:22
Gregor sagt:
Den Streams zu entkommen, und zu akzeptieren, wie schwer man sich von ihnen lösen kann – das ist meine Phase aktuell.
4. März 2020 — 11:53
andreasspiegler sagt:
Willkommen im Club! Bin auf deine Erkenntnisse gespannt 🙂
4. März 2020 — 11:57