Nächster Halt: Hamburg Hauptbahnhof. Die Türen öffnen sich und meine Füße ertasten den Bahnsteig. 4 Stunden Fahrt. Meine Augen sind müde und die Gedanken ruhen wie Steine. Ankommen und weitergehen. Dränge mich durch Menschenmassen. Rieche. Beobachte. Öffne meine Lippen – doch sage nichts. Ich genieße es, in der Masse unterzugehen. Meinen Körper unsichtbar werden zu lassen. Streife mit der Hand das Geländer und steige hinab. 

Kopfhörer bleiben in den Taschen. Der Blick gerade aus. Wegsuche. Jeder verfolgt ein Ziel. Möchte daran wachsen. Möchte die anderen überragen. Möchte sich selbst übertrumpfen. Ich würde gerne kleiner sein. Auf dem Boden krabbeln und meine Umwelt neu entdecken. Mit kleinen Händen nach Kuscheltieren greifen. Summen. Weinen. Mich in den Armen meiner Oma einkuscheln. Zu oft sind es immer wieder die selben Ansichten. Die selben Meinungen, welche Momente in Schubladen fallen lassen. In meinen Träumen reiße ich mir diese Hüllen vom Leib. Verwische alle Spuren und greife nach dem roten Luftballon. Möchte fliegen. Möchte landen. 

Mein Gesicht an der Scheibe der U-Bahn. Neben mir eine alte Frau. Zeitung in der Hand. Augen geschlossen. Ein Blick meinerseits erhascht einen ihrer Träume. Darin steht sie auf einer Wiese. In hellblauem Kleid und Hochsteckfrisur. Sie strahlt von Herzen. Um ihre Hand ein roter Luftballon, der sie begleitet. Von oben auf sie herab schaut, während sie barfuß das Korn zertritt. 

Eine Durchsage lässt den Boden unter ihr einstürzen. Der Luftballon hält sie oben. Sie bleibt ruhig, während ich zusammenschrecke. Öffne meine Augen und schaue in das strahlende Gesicht der alten Frau. Sie schaut aus dem Fenster – ihr Strahlen folgt unauffällig. Wie wäre es wohl, wenn wir uns in Träumen treffen könnten? Wenn wir uns Dinge erzählen könnten? Ohne den Mund zu öffnen. Ohne die Blicke voneinander abzuwenden. Alleine durch den Ganz in unseren Augen. Und einem roten Luftballon am Handgelenk…