Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Kategorie: Einweggedanken (Seite 1 von 19)

Gefühle in Schockstarre, die sich vielleicht morgen ganz anders anfühlen.

Hier. Mit euch.

Viel zu kleine Augen. Dunkelgrauer Himmel. Die kalte Luft erschwert das Atmen. Hände graben sich in Hosentaschen. Vor uns leere Gassen. Kleine Cafés werden von dicken Eisentoren verdeckt. Wir sind geflohen. Haben alles liegen lassen. Ein Abschied, der uns leicht fiel. Mein Blick tastet sich an Häuserwänden entlang. Inspiziert jede schwungvolle Kante und sucht ein kleines Lebenszeichen. Um mich herum scheint alles zu schlafen. Wir können dies nicht. Wollen nicht. Und laufen fort. 

Dreck an meinen Schuhen. Kleine Sprünge lassen mich Zebrastreifen überqueren. Zeitungsseiten im Rinnstein und die Telefonzelle hat lange keine Stimme mehr vernommen. Die Bushaltestelle streckt ihre Arme aus. Doch wir sind schneller. Klettern Stufen empor. Neugierig. Atemlos. Haben keine Zeit zu zögern und wollen immer weiter nach oben. Ihr könnt ruhig unten bleiben – dort waren wir schon. Halten Albträume zum Himmel und lassen sie von Tauben entführen. Kein Gedanke an morgen. 

Jeder Schritt in eine andere Richtung. Ein Schatten auf meiner Schulter. Merke, wie sich die Vergangenheit anschleicht. Selbst hier bin ich nicht alleine. Hunderte Kilometer von dir entfernt. Hast dich in einer Jackentasche versteckt und verfolgst mich. Ich traue mich nicht, meinen Kopf zu drehen. Drehe die Musik etwas lauter. Übertöne dein Lachen. Übertöne dich. Eine Hand packt meinen Arm und zieht mich in die Metro. Zu enge Sitze erzwingen eine ungewollte Nähe. Es fühlt sich komisch an, wenn du kein Wort verstehst. Wie eine schräge Melodie. Ich suche nach bekannten Tönen. Spüre sie nicht. Meine Augen wandern durch den Wagon. Hübsche Frauen haben ihre Köpfe gegen das Fenster gelehnt. Ihre Augen geschlossen. Ihre Münder versteckt in bunten Tüchern. 

Raus jetzt. Die Treppen hinunter. An ernsten Blicken vorbei. Straßenlaternen führen uns zum Licht. Metall und Stahl klettern um die Wette. Überholen sich gegenseitig, bevor sie den Himmel streifen. Am Horizont die ersten Sonnenstrahlen. Kriechen unter ihrer Decke hervor. Greifen nach allem, was unerreichbar scheint. Ich lasse mich gerne vereinnahmen. Die Hand auf dem Klavier. Schwarz. Weiß. Kalte Hände spielen das letzte Lied, während ich deine glänzenden Augen erblicke. Du sitzt alleine im Kettenkarussell. Deine wunderschönen Beine baumeln rasch und mein Herz tut es ihnen gleich. Warum tust du mir das an? Bringst mich ein um das andere Mal zum Stolpern. 

Kennst du das Gefühl, wenn viele fremde Gesichter ein Bekanntes formen? Wenn du auf einem Platz stehst und glaubst, die Menschen drehen sich im Kreis. Auf festen Bahnen. Nutzen die selben Worte für die selben Gedanken. Und du gehörst nicht dazu. Kannst ihre Sprache nicht sprechen. Ihre Tänze nicht erwidern. In solchen Momenten bleib ich stehen. Und freue mich dennoch da zu sein. Freue mich zu sein. Hier. Mit euch. 

Kein Augenblick mit Augenblick

Die Tür des Restaurants öffnet sich schwungvoll. Du betrittst neugierig, doch fokussiert den Raum. An deiner Hand ein Funkeln. Ihre Hand fest in deiner Hand. Du wirkst glücklich. Stolz. Verliebt. Bei der Suche nach einem freien Tisch streift dein Blick meine rechte Wange. Mehr wirst du nicht wahrgenommen haben. Während ich dich sorgsam mustere. Dein gerade geschnittenes Sakko. Passend zur blauen Jeans. Die Haare lose im Gesicht. Kleine Sommersprossen auf der Nase. Du hast den ganzen Tag gearbeitet. Oder behutsam auf die Kinder aufgepasst. Während deine Frau Kreativkonzepte entwickelte. Brainstorming an Glasfronten von Großkonzernen. Ihr scheint unverletzbar. Kreuzt meine Gedankenwelt und geht an mir vorbei. Ich erhasche kurz euren Duft – bevor ich wieder den Blick senke. Vor mir ein großes Glas Wasser. Daneben eine Wurst-Käse-Platte. Fast leer. Ein Hungergefühl im Herzen ist dennoch geblieben. 

Wie jeden Mittwochabend sitze ich hier und beobachte die anderen. Bin ganz für mich. Strahlende Gesichter umarmen gut-gekleidete Begegnungen. Ihr diskutiert mit starken Worten über noch stärkere Thesen. Bestellt eine weitere Runde und schaut euch dabei vertraut an. Ungeduldig zeichnen meine Finger Linien in die Holzplatte. Sie ist die Bühne zwischen uns. Darauf Handballen und Getränke. Niedersinkende Argumente. Diese Bühne betrete ich nicht. Stehe am Rand und schaue zu. Warte auf meinen Einsatz. Auf das Zeichen vom Dramaturgen. Es kommt keins. Seit Jahren. Deshalb bleibe ich still. Nicht auffallen. Nicht stören. Bloß nicht das laute Treiben mit meinen Gedanken zum Stocken bringen. Sie würden verstummen. Mich anstarren. Verstört würden sie die Köpfe zusammenstecken. Tuscheln. Ich würde es trotzdem hören. Ihr Urteil. Ein ständiger Bestandteil. Mein Begleiter. Der Einzige. 

Aufwachen bedeutet auffinden. Ich in meinen vier Wänden. Mein Bett. Mein Gesicht im Spiegel. Kein Du. Kein Wir. Kein Augenblick mit Augenblick. Einsamkeit ist ein Kopfsalat. Ist ein Knoten, der sich selbst auffrisst. Zuschnürt. Abkapselt. 

Ist da jemand? 

Fetzen #49

Und mit jedem Schritt sammelst du neue Steine. Glatt. Schräg. Spitz. Hinterlassen ihre Spuren, wie du deine. Stimmen im Hintergrund. Dein Blick sucht Halt in bekannten Kannten, während rotes Licht dein Herz flutet.

Kannst du sie riechen?

Die Tür schließt hinter den Männern. Ein lautes Klicken verkündet ihre Ankunft. Suchende Blicke gehen über in einen fixierenden Augenblick. Sie steuern den Platz neben mir an. Ihr Geruch ist kalt. Dicke Jacken liegen um ihre schmalen Schultern. Kurzes Nicken. Ich schaue wieder in meinen grauen Becher. 

Draußen dichte Regenfäden, die funkelnde Ketten zu Boden werfen. Die Glasscheibe als Schutz zwischen Bar und schmutziger Gasse. Mein Löffel hinterlässt nicht enden wollende Ringe in kaltem Kakao. Habe mir zu viel Zeit gelassen. Nun hängen schwarze Überreste an den Enden meiner Abende. Lassen sich nicht einfach so wegwischen. Auch wenn ich es mir wünsche. Mein Kopf fällt zur Seite. Verliert den Halt, während schwarzblaue Anzüge aus nassen Mänteln schlüpfen. Ich möchte das alles hinter mir lassen. Will das abgewetzte Schwert unter mein Bett werfen, welches täglich woanders steht. Krieche unter fremde Decken aus Ängsten und Träumen. Kissen fehlt der Mut und durch das Fenster sehe ich ihre Blicke. 

“Trinkst du mit?” fragt es von links. Ich blicke in ein blasses Gesicht – suche markante Stellen und finde Spinnen an der Wand. Lange Beine, die auf ihre Chance warten. Wie erkenne ich den richtigen Moment? Wie den richtigen Menschen? Es gibt so verdammt viele. 

Gedanken rutschen kreischend meine Schulter hinunter, während ich ein kurzes Grinsen entbehre. Stoße mit dir an. Und höre dir zu. Um mich herum fallen die Farben aus ihren Konturen. Prasseln scheppernd zu Boden, wo sie linienförmig in Richtung Ausgang kriechen. Darf nicht darin versinken. Nicht schon wieder.

Deine Worte streifen mir durchs dichte Haar. Lautlos. Angenehm. Will abhauen. Du auch. Traue mich schließlich, deine Hand zu berühren. Stumm. Denn mir fehlt das richtige Signal. Der passende Satz. Und das merkst du. Offenbare dir mein Innerstes. Kleine Blumen. Bunt. Vertrocknet. Durcheinander. Sie formen keinen schönen Strauß. Doch du kannst vielleicht die Hoffnung riechen. Kannst du sie riechen?

Fetzen #48

Ein Rascheln unter den Füßen. Fehlender Halt. Der Blick zu dir gerichtet. Die Ränder verschwommen. Hier sind nur wir. Und es. Rauschen aus der Ferne. Wellen schlagen gegen die immer selbe Stelle. Tag und Nacht im Wechsel. Der Rahmen gleichgeblieben. Doch dazwischen ist alles bunt.