Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

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Drüberleben. Für mich.

Drüberleben. Das Erstlingswerk von Kathrin Weßling wurde in vielen Medien vorgestellt und besprochen. Ein Roman über Ida, zu deren täglicher Begleiter die Depression geworden ist. Das Gefühl, komplett alleine zu sein. Falsch zu sein. Ein Leben, das an dir vorbeizieht, während du gelähmt zuschauen musst.  Kein Ratgeber und auch keine Suche nach Erklärungen. Direkt. Ehrlich. Schmerzhaft. Jede Zeile hinterlässt hauchdünne Kratzer. Lässt einen teilweise innerlich schreien. Wie in einem Traum, wo alles im Zeitraffer läuft. Man weiß, dass etwas nicht stimmt. Und dennoch wacht man jeden Morgen auf. Mit dem selben Gefühl. Dem selben Blick, der starr an der Zimmerdecke zerspringt. 

Ich habe relativ lange für das Buch gebraucht. Hab es gefühlt sehr langsam gelesen. Bin am Zeilenende abgerutscht und hab von vorne begonnen. Ich kann nicht sagen weshalb, aber mir kamen sehr viele Dinge bekannt vor. Kleine Momente, die man selbst erlebt hat. Die man von Freunden kennt, mit denen man nicht nur über Belanglosigkeiten spricht. Bilder in Buchstabenform. Umschreibungen, die klarer nicht sein könnten. Und ein innerer Konflikt, der am Ende jedes Kapitels tobte: Schuld. Die ständige Frage nach Gründen. Ursachen. Man versucht einen Schuldigen zu finden. Eine Person. Eine Reihe an Geschehnissen, die dafür taugen, um eine Umverteilung vorzunehmen. Weg von mir und woanders abstellen. Erklärungen, die den Nebel kein bisschen verdrängen. Eher alles noch undurchsichtiger erscheinen lassen. Spricht man über Depressionen, so sind es entweder sehr kurze Monologe oder man einigt sich auf Mitleid. Ich hatte das Gefühl, dass Kathrin Weßling gerne auch mal die Betroffenen zu Wort kommen lassen möchte. Menschen, die ihren Alltag mit Erkrankten teilen. Sie lieben. Sie brauchen. Persönlich denke ich die letzten Monate sehr oft darüber nach, wie wir Menschen bewerten. Und warum wir es überhaupt tun. Warum wir vergleichen. Und wer den Maßstab vorgibt. Natürlich komme ich zu keiner Lösung – dennoch hab ich das Gefühl, als seien wir doch irgendwie alle auf der gleichen Suchen. Gestalten sie nur anders. Und vor allem, teilen wir sie anders mit unserer Umwelt. Was passiert, wenn keine Schublade passt? Wenn wir merken, dass wir uns nirgendwo einordnen können? Fängt dann nicht jeder damit an, sich Krankheiten auf die Stirn zu schreiben? 

Natürlich wünscht sich Ida im Roman, dass sie ihr Leben in geordnete Bahnen lenken könnte. Die Müllberge in der Wohnung verschwinden und sie etwas durchziehen kann. Aber irgendwie mag ich mir  nicht vorstellen, ob diese Person, mit all ihren Facetten und Erfahrungen solche Dinge als erfüllend empfinden würde. Ein Mensch, dessen Herz so viele Dinge mitgemacht hat, kann sich doch nicht mit komplett divergenten Persönlichkeiten vergleichen. Ich persönlich bin ein Mensch, der gerne fühlt. Laut lacht und leise weint. Ein Mensch, der an manchen Tagen völlig verträumt durch die Gegend stapft und an anderen Tagen völlig konzentriert seine Arbeit verrichtet. Ich genieße beides, doch kann mir gut vorstellen, dass es einen Punkt gibt, an dem eine Seite die Überhand gewinnt. Und dort setzte Drüberleben für mich an. Indem es bei mir den Wunsch geweckt hat, mehr über Menschen zu erfahren. Egal ob mit oder ohne Depressionen. Einfach nur erfahren zu wollen, was in ihnen vorgeht. In diesem einem Moment. Und dafür bin ich dem Buch sehr dankbar.

Erwachsenwerden

Vielleicht spielen wir nur Erwachsene, und da wir alle keine Ahnung haben, wie man das macht, folgen wir doch irgendwie den Klischees.

Sue schreibt über Partys. Rumstehen. Jeder erzählt von seinem Beruf. Die Abiprüfung ist vergessen, die Dozenten wurden oft genug diskutiert. Heute sind es hippe Agenturen, bunte Air Max 1 an unseren Füßen und Kaffee aus nachhaltigem Anbau.

Eine große Party und jeder will auf der Gästeliste stehen. Will dazugehören. Das nervt mich gewaltig. Anstatt mehr von uns zu erzählen, berichten wir von anderen. Großen Musikern. Wichtigen Büchern. Tollen Geschäftsideen. Nicht, dass diese Dinge uninteressant wären. Aber doch habe ich sie alle bereits gehört. Immer die selben Geschichten. Wochenende für Wochenende. Unsere Interessen machen uns aus. Doch warum interessiert sich niemand für das dahinter? Die Ängste, Sorgen, Wünsche und Niederlagen…

Frontand

Bei Frontand bin ich über einen sehr schönen Beitrag gestolpert, in dem kurze Videoportraits gesammelt wurden. Portraits von Menschen, die einer Leidenschaft nachgehen. Darin aufgehen. Kraft tanken. Gegenstände durch Handlungen erschaffen und dabei sich selbst zu finden scheinen. 

Diese Suche nach Erfüllung treibt viele an – kann gleichzeitig aber auch demotivieren, sofern sie erfolglos bleibt. Ich habe in den letzten Monaten begriffen, dass ich sehr gerne beobachte. Stehen bleibe, um mich dann wieder treiben zu lassen. Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten möchte, ohne dabei ein Urteil fällen zu müssen. Aus diesem Grund habe ich wenig gebloggt. Wollte Geschehnisse unkommentiert belassen. 

Doch irgendwie juckt es in meinen Fingerspitzen. Möchte Buchstaben zu Sätze formen. Damit spielen – auch wenn es am Ende nur drei Menschen lesen. Neben meinen Einweggedanken sollen hier wieder kleine Geschichten und Fundstücke aus meinem Alltag ihren Platz finden. Und ich würde mich freuen, wenn sie ihren Weg finden =)

XOXO

Casper ist ein Künstler, dessen Texte für mich sehr wichtig geworden sind. Sein letztes Album XOXO spricht sowohl traurige als auch sehr schöne Themen an. Schenkt Kraft in schwierigen Momenten und begleitet einen, wenn das Herz laut pocht. Lange musste er auf den Durchbruch warten, doch jetzt hat er es geschafft. Ausverkaufte Touren, Goldene Platte und nun die DVD: Der Druck steigt – live & dokumentiert.

Das komplette Konzert aus der Großen Freiheit 36 in Hamburg. Musikvideos. Ein Tour-Video und natürlich die Dokumentation machen die Doppel-DVD für jeden Fan und Interessent zum Pflichtkauf. Ehrliche Einblicke und spannende Erzählungen von Casper und seiner kompletten Truppe. Klanglich und visuell ebenfalls so perfekt.

Wo die wilden Kerle wohnen

Max fühlt sich alleine. Wird von den Freunden seiner Geschwister schikaniert und wünscht sich woanders hin. In eine Welt, wo die wilden Kerle wohnen. An einen Ort ohne Grenzen. Mit fabelhaften Wesen, dessen Anführer er wird und dennoch mit der Zeit feststellen muss, wie zerbrechlich auch diese Erfahrung sein kann.

Der Film kommt auf den ersten Blick sehr leicht und fröhlich daher – auch wenn schnell erste Zweifel aufkommen. Kinderbuchautor Maurice Sendak, der leider vor wenigen Monaten verstarb, lieferte eine erschreckend ernste und berührende Geschichte. Die Bilder sind wunderschön und sorgen zusammen mit der Filmmusik für ein tolles Erlebnis. Ich habe lang nicht mehr so gebannt vor dem Fernseher gesessen. Das kindlich naive Verhalten von Max und wie es auf die Kälte der Welt trifft, machen Wo die wilden Kerle wohnen zu einem neuen Lieblingsfilm. Und das Buch ist ebenfalls ein Traum. Einen realer Traum.