Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Fragmente 🪣 Bucketlist

Plötzlich scheinen gemachte Pläne vollkommen unrealistisch. Der Rahmen gesprungen und die Ziele verschwommen. Lebensabschnitte enden. Und dann herrscht Chaos im Stillstand.

Warum machen wir Lebenspläne? Sie geben Orientierung. Können uns motivieren und vorantreiben. Nächstes Level. Noch ein Stück höher. Sie inspirieren oder setzen unter Druck. Hund, Halbmarathon, Haus. Ist eine Sache erreicht, winkt die nächste Stufe verführerisch. Alles für die Bucketlist. Bevor es zu spät ist.

Auch ich mag Listen. Eine Struktur, die mich durch Unbekanntes leitet. Die mir hilft, den nächsten Schritt zu gehen. Aber was, wenn es gar nicht auf die Meilensteine ankommt? Was, wenn es viel mehr um das Gefühl geht, das wir uns wünschen? Muss ich in der Wüste stehen, um Weite zu fühlen? Braucht es einen Fallschirmsprung, um Freiheit zu spüren?

Wieso also nicht eine Liste voller Gefühle, die erstrebenswert sind? Die fester Bestandteil meines Lebens sein sollten. Unbedingte Liebe. Verspielte Neugierde und kribbelnde Vorfreude. Herzhaftes Lachen. Tieftraurige Stille. Die Aktivität und der Ort sind egal. Auch die Zeit oder die Dauer. Hauptsache das Gefühl macht sich in mir breit. Sei es mit oder ohne andere Menschen. Für einen kurzen Augenblick oder über längere Zeit. Ich will nur, dass diese Momente passieren. Sich in mir ausdehnen und alles für einen Augenblick vereinnahmen. Möchte das Gefühl wertschätzen. Und mich darüber freuen, dass es auch wiederkommen kann. Denn ich habe es nicht abgehakt.

Diese Vorstellung nimmt mir momentan den Druck. Sie schenkt mir Zuversicht. Denn es kann jederzeit und ungeplant passieren. Muss nur aufmerksam sein. Und wenn ich möchte, kann ich natürlich an einem Umfeld arbeiten, das als Grundlage dient. Ich kann lernen, mich für einen Moment oder ein Gefühl zu öffnen. Oder aber ich vertraue darin, dass es passiert. Wenn es soll.

Spazieren an der Elbe

Welche Fragmente sind sonst so übrig geblieben?

  • Mit jedem Artikel über die AfD, mit jeder Lüge auf WhatsApp und jeder Demonstration wuchs in mir der Drang, mich aktiv zu engagieren. Gespräche mit Freundinnen und Freunden endeten zu oft auf die gleiche Weise: „Eigentlich sollten wir etwas tun“ – deshalb werde ich mich in diesem Jahr politisch einbringen. Möchte verstehen, wie das System funktioniert und ob ich dort irgendwo hineinpasse.
  • Was wäre, wenn wir Menschen für ein Jahr im Winterschlaf wären – und die Welt sich erholen darf? Im SchauSpielHaus geht das Stück Der lange Schlaf dieser Frage nach. Bedrückend, aber ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Mochte das Gedankenspiel und vor allem Lina Beckmann. Vielleicht sollte ich öfter ins Theater gehen…
  • Probiere überhaupt viele verschiedene Dinge. Wollte doch eigentlich nur Pflanzen und eine Vase kaufen, bin mit Leinwand und Acrylfarbe aus dem Laden gestolpert. Schaue mir Ausstellungen an, die auf dem Poster interessant erscheinen. Zeichne mit Midjourney und spiele mit Musikprogrammen. Einerseits ist es pure Ablenkung. Aber es fühlt sich auch schön an, etwas Neues zu entdecken. Und die Freiheit zu haben, es auch wieder liegen zu lassen.
  • Wohne mittlerweile im ABATON-KINO. All of Us Strangers hat mich tief berührt. Ein Film über den Verlust von Liebe. Und der Suche nach Halt. Hab lange nicht mehr so viel im Kino gefühlt. Und geweint. Dafür hat mich Perfect Days zum Grinsen gebracht. Ein Toilettenreiniger in Tokio, der im Alltag so viele schöne Momente entdeckt. Und diese wertschätzen kann. Emma Stone beeindruckte mich in Poor Things. Die Geschichte einer starken Frau und vieler schwacher Männer. Klasse inszeniert.
  • Sitze im Wohnzimmer bei Freunden und schaue in neugierige Kinderaugen. Sie halten den Blick und in mir drehen sich Gedanken. Bin unheimlich dankbar, so nah an diesen Lebensabschnitten zu sein. Miterleben zu dürfen, wie eine Welt entdeckt wird. Wie Regeln verhandelt und Vorsätze verworfen werden. Darf ein kleiner Teil von dieser Reise sein. Und trotzdem lösen solche Augenblicke in mir manchmal auch ein Gefühl von Einsamkeit aus. Das Buch Allein befasst sich mit diesen Momenten. Lesenswert.

Welches Gefühl steht auf deiner Bucketlist?

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