Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

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Silver Linings

Ich mag Menschen mit Macken. Die irgendwie aus der Reihe fallen, weil sie ehrlich zu sich sind. Ehrlich gegenüber anderen Menschen. Und auch ehrlich gegenüber ihrer eigenen Wechselhaftigkeit. Menschen, die an große Gefühle und kleine Gesten glauben. Laut über ihre Ängste, ihre Stärken oder ihre Träume sprechen. Ich fühle mich zu ihnen hingezogen, egal wie chaotisch und stressig die Auseinandersetzungen sein können.

Ähnlich ist es bei Pat, der als Mittdreißiger wieder bei seinen Eltern einzieht. Er hat einen Aufenthalt in einer Nervenanstalt hinter sich gebracht, Hoffnungen verworfen und möchte nun sein Leben auf die Reihe bekommen. Eines Tages lernt er Tiffany kennen, die ebenfalls einige Kratzer und Macken mit sich trägt. Ihr Mann ist verstorben, weshalb sie ordentlich ins Straucheln gekommen ist. Sie schläft mit jedem aus ihrem Umfeld. Pat schläft mit niemandem. Er will seine Exfreundin zurück und Tiffany bietet ihre Hilfe an, wenn er im Gegenzug mit ihr bei einem Tanzwettbewerb teilnimmt. Und so gehen die beiden ein Stück zusammen.

Silver Linings ist – genau wie mein Lieblingsfilm Garden State – eine wunderschöne Erzählung über schmerzende Kanten. Sie zeigt Konflikte und Gefühlskämpfe, die jeder in einer ähnlichen Form bestritten hat. Ängste, die jeder mit sich führt. Und ein Wunsch nach Verständnis und Nähe, der in uns schlummert. Immer wieder aufgeweckt wird und bei Laune gehalten werden möchte. Vielleicht an manchen Stellen etwas kitschig, an anderen etwas verträumt. Trotzdem sehenswert.

The Sessions

The Sessions erzählt die Geschichte Mark, der als Journalist seinen Lebensunterhalt verdient und abends in die Welt der Worte abtaucht. Da er seit seiner Kindheit unter Polio leidet und größtenteils künstlich beatmet werden muss, hatte er noch nie körperlichen Kontakt zu einer Frau. Doch die Zeit bringt ihn irgendwann in die Situation, einer Pflegerin gegenüber Liebe zu empfinden. Die Krankheit zwingt ihn, jegliche Leidenschaft in Gedanken zu genießen – bis er sich überwindet eine Sexualtherapeutin aufzusuchen. Cheryl soll ihn dabei unterstützen, ein Gefühl für seinen Körper und seine Lust zu empfinden. Und das innerhalb von sechs Sitzungen…

Eine schöne Geschichte, die auf einem Bericht des Lyrikers Mark O’Brian basiert. Der Film beschreibt den Konflikt, intensive Gefühle zu empfinden, sie aber nicht ausleben zu können. Überhaupt sollte viel mehr über das Leben benachteiligter Menschen erzählt werden – aber bitte ohne theatralische Musik und Schwarz-Weiß-Einspieler. Und das schafft dieser Film ganz gut.

Erwachsenwerden

Vielleicht spielen wir nur Erwachsene, und da wir alle keine Ahnung haben, wie man das macht, folgen wir doch irgendwie den Klischees.

Sue schreibt über Partys. Rumstehen. Jeder erzählt von seinem Beruf. Die Abiprüfung ist vergessen, die Dozenten wurden oft genug diskutiert. Heute sind es hippe Agenturen, bunte Air Max 1 an unseren Füßen und Kaffee aus nachhaltigem Anbau.

Eine große Party und jeder will auf der Gästeliste stehen. Will dazugehören. Das nervt mich gewaltig. Anstatt mehr von uns zu erzählen, berichten wir von anderen. Großen Musikern. Wichtigen Büchern. Tollen Geschäftsideen. Nicht, dass diese Dinge uninteressant wären. Aber doch habe ich sie alle bereits gehört. Immer die selben Geschichten. Wochenende für Wochenende. Unsere Interessen machen uns aus. Doch warum interessiert sich niemand für das dahinter? Die Ängste, Sorgen, Wünsche und Niederlagen…

Die Eleganz der Magame Michel

Alle glücklichen Familien gleichen einander. Alle unglücklichen Familien sind auf eigene Art unglücklich.

Das elfjährige Mädchen Paloma möchte sich an ihrem Geburtstag umbringen, sofern sie nichts Lebenswertes in ihre Umfeld entdeckt. Sie lebt in einer Wohnung voller reicher Familien. Madame Michel ist die Concierge des Hauses, beschreibt sich selbst als verwildert und trifft auf Kakuro Ozu. Der neue Bewohner aus Japan sieht die Welt mit anderen Augen. Begleitet die Frauen auf einer Gedankenreise und bringt sie zum Vorschein,  die Eleganz der Madame Michel. Ein wunderschöner Film über das Leben, den Tod und alle liebens- und lebenswerten Dinge, die zwischen uns Menschen passieren. Ein Beispiel für die Kraft von zufälligen Begegnungen. Und ein Sammelsurium an kleinen Details, das mein Herz höher schlagen ließ. Toll.