Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Kategorie: Texte (Seite 7 von 9)

Findest du mich?

Die Sonne geht unter. Ich gehe auf. In Melodien, die meinen Kopf fluten. In der Hand ein Stift. Seine Macken bohren sich in meine Haut. Du schläfst. Monoton hebt und senkt sich die Decke. Dein Kopf ruht auf meinem Kissen. Kannst es haben. Es gehört dir. Ich gehöre dir. Hab jeden meiner Gedanken auf einen Zettel geschrieben. Dir vorgelesen. Und du hast zugehört. Hast deine Welt pausiert, um meine aufzunehmen. Und nun sitze ich neben dir. Versuche leise diese Zeilen auf Papier zu bekommen. Darfst nicht aufwachen. Nicht wegen mir. Zu sehr genieße ich diese Ruhe. Die Ruhe nach dem, was war. 

Draußen ist nichts. Gelbschwarze Schatten an grauen Häuserwänden, hinter denen so viele Menschen auf der Suche sind. Die Augen stets geöffnet. Man darf nichts verpassen. Nichts übersehen. Nichts unbewertet entkommen lassen. Ich kenne das. Es ist ein Teil von mir. Eines von vielen. Du bist ein Teil von mir. Eines von vielen. Und das soll so sein. Muss so sein. Für diesen Augenblick. 

Ich finde mich… Findest du mich, wenn du nachher aufwachst? Frage ich mich. Und verlasse das Zimmer.

Nach so langer Zeit.

Sie trägt ihr schönstes Kleid. Knallgelb. An den Hüften lange Bändel aus Leder. Es strahlt. Sie strahlt. Ihre Haare nach oben gesteckt. Lose hängen ein paar Strähnen aus dem Knoten. Sie blickt in ihr Spiegelbild. Die Augen dunkel geschminkt. Irgendwie geheimnisvoll, wie das Schwarz die Konturen betont. Die Lippen knallrot. Wurden lange nicht mehr geküsst, doch formen dennoch ein zuversichtliches Grinsen. Neben ihrem Spiegel hängen alte Fotos. Von ihrer Familie. Ihren Freunden. Enge Umarmungen. Ein Rückblick auf fast 30 Jahre. Streift mit ihren Fingerspitzen über ein ganz bestimmtes Gesicht. Sein Gesicht. Sie wird ihn wiedersehen. Heute. Nach so langer Zeit. 

Die Balkontür steht offen und von draußen dringt Musik an ihr Ohr. Mit einem kleinen Sprung tritt sie hinaus. Beobachtet die Szenerie. Alte Bäume am Rande des Grundstückes. Das Lied. Sie kennt es nicht. Muss vom Nachbar kommen. Sie hat ihn noch nie getroffen. In ihrer Fantasie skizziert sie die Umrisse eines jungen Studenten während sie die Tür behutsam schließt. Es ist an der Zeit. Mit einer raschen Drehung ergreift sie den Schlüssel auf dem Tisch. Lässt ihn tief in ihrer kleinen Tasche verschwinden. Zieht die Haustür zu. Die Finger spüren das kalte Holz, bevor sie losgeht und das Treppenhaus hinunter hüpft. 

Sie kennt den Weg. Ist ihn schon so oft gelaufen. Kleine Pflastersteine. Große Lücken. Als junges Mädchen ist sie oft hingefallen. Kam mit blutigen Knien nach Hause. Heute kann sie nichts aufhalten. Mit aufrechtem Blick nähert sie sich der Bahnstation. In ihrem Kopf fordern Erinnerungen ihre Aufmerksamkeit. Kleine Schnipsel, die ihn und sie zeigen. Hand in Hand. Durch die Altstadt spazierend. Sie mussten nicht viel reden. Sich nur anschauen um zu wissen, dass alles gut ist. Alles gut wird. 

Am Kiosk werfen ihr zwei ältere Männer Blicke zu. Ihre Wangen werden noch röter. Herzklopfen. Im Schwarz der Unterführung fühlt sie sich unbeobachtet. Linst auf ihr Handy. Keine Anrufe. Keine Nachricht. Keiner denkt an sie. Sie denkt an ihn. An seine langen Haare. Den kindischen Blick und seine viel zu große Brille. Auf der Rolltreppe haben sie so oft geknutscht. Er nach unten gebeugt. Sie auf Zehenspitzen. 

Fünf Jahre ist das her. Nun trennt sie nur wenige Minuten. Der Bahnsteig menschenleer. Der Kopf randvoll. Tief durchatmen. Gänsehaut am Rücken. An ihren Armen. Ein schönes Gefühl. Wippend steht sie da, während ihr die Sonne ins Gesicht strahlt. Ein leises Hämmern auf den Gleisen. Wird lauter. Nach und nach. Ihre Augen fixieren die silbernen Wagons. Der Zugführer wird erkennbar. Weißer Rauschebart. Kurz muss sie an ihren Vater denken. Dann wieder er. Heute wird sie ihn wiedersehen. Nach so langer Zeit. Sie schließt die Augen. 

Und lässt sich fallen.

Funkelnder Rauch am Tresen

Dicker Rauch in deinen Haaren. Versuchst ihn raus zu prügeln. Dein Glas. Schon wieder leer. Dein Blick. Schon wieder leer. Lässt ihn wahllos an Gästen hinab gleiten. Seit mehreren Stunden ist der einzige Halt ein alter Barhocker. Rotes Polster. Angebrochene Holzbeine. Doch du sitzt immer noch. Wartest auf eine Veränderung. Wartest. Und wartest.

Der Barkeeper schenkt dir ein Lächeln. Du ihm deine letzten fünf Euro. Verknittert wandern sie über die klebrige Theke. Im Gegenzug rutscht ein Glas voller Hoffnung auf dich zu. Was mache ich hier? Abend für Abend für Abend. Denkst an früher. Die Locken im Fahrtwind und deine beste Freundin neben dir. Gemeinsam am Hafen. Der Schnellere gewinnt. Heute ist sie aus dem Blickfeld gerutscht. Du sitzt alleine in dieser Bar, die dir eigentlich zu wider ist. Gierige Blicke schauen auf dein Top. Sie tun gut und verletzen zugleich. 

Irgendwann wird das alles zu Ende sein. Dann weicht das schummrige Licht der Klarheit, die einst verschwand. Irgendwann werdet ihr euch wieder treffen. Lautlachend über den Kiez streifen – ohne das Bedürfnis, stehen bleiben zu wollen. Du wirst strahlen. Wirst einfach nur strahlen. Doch heute bleibt es beim Funkeln der kleinen Diskokugel. Und dem Rauch in deinen Haaren.

Rauch in deinen Haaren.

Dicker Rauch in deinen Haaren. Versuchst ihn raus zu prügeln. Dein Glas. Schon wieder leer. Dein Blick. Schon wieder leer. Lässt ihn wahllos an Gästen hinab gleiten. Seit mehreren Stunden ist der einzige Halt ein alter Barhocker. Rotes Polster. Angebrochene Holzbeine. Doch du sitzt immer noch. Wartest auf eine Veränderung. Wartest. Und wartest. 

Der Barkeeper schenkt dir ein Lächeln. Du ihm deine letzten fünf Euro. Verknittert wandern sie über die klebrige Theke. Im Gegenzug rutscht ein Glas voller Hoffnung auf dich zu. Was mache ich hier? Abend für Abend für Abend. Denkst an früher. Die Locken im Fahrtwind und deine beste Freundin neben dir. Gemeinsam am Hafen. Der Schnellere gewinnt. Heute ist sie aus dem Blickfeld gerutscht. Sitzt alleine in dieser Bar. Die dir eigentlich zu wieder ist. Gierige Blicke schauen auf dein Top. Sie tun gut und verletzen zugleich. 

Irgendwann wird das alles zu Ende sein. Dann weicht das schummrige Licht der Klarheit, die einst verschwand. Irgendwann werdet ihr euch wieder treffen. Lautlachend über den Kiez streifen – ohne das Bedürfnis, stehen bleiben zu wollen. Du wirst strahlen. Wirst einfach nur strahlen. Doch heute bleibt es beim Funkeln der kleinen Diskokugel. Und dem Rauch in deinen Haaren.

Verlieben.

Sitze in der Bahn. Die Kaputze wärmt von außen. Die Musik von innen. Maeckes. Celina. Verliebt darin geliebt zu werden. Ich mag etwas über diese Phase schreiben. Verlieben. Der Moment, in dem sich langsam dein Mittelpunkt verschiebt. Nach draußen. Du selbst verlierst an Bedeutung. Verlierst dich in einer Person, die dir das schenkt, was du zuvor nicht kanntest. Blicke. Berührungen. Gedanken. Bei jedem anders. Unterschiedlich. Tauchst jede deiner Pore in lilabuntes Glück. 

Ich glaube, man verliebt sich nur ganz selten. Vielleicht zweimal im Leben. Alles andere sind Streiche, die dir dein Verstand spielt. Weil er wieder lieben möchte. Weil ihm etwas fehlt oder er ablenken möchte. Von sich selbst. Und irgendwann merkt man, dass dieses scheinbar große Gefühl zerbricht. Die Farben um einen herum wieder kräftiger werden. Man zu sich findet. Und weitergehen möchte. Alleine. Leben. Bis eines Tages alles anders kommt. Dein Herz stolpert. In die Arme einer anderen Person. Oder den wärmenden Schoß deiner Selbst. 

Ein paar Gedanken. Momente in Buchstabenform. Einweggedanken. Heute so. Morgen wieder ganz anders.