Schließe ich die Augen, wird alles grau. Kleine helle Flecken geben sich noch etwas Mühe – tanzen wild, bevor sie ebenfalls verschluckt werden. Für einen Augenblick scheint alles still zu stehen. Ich spüre nichts. Die Geräusche gedämpft, der Körper federleicht. Das unermüdliche Kribbeln verliert sich. Ein Atemzug und aus Grau wird Schwarz. Aus leise wird stumm.
Ein kleiner weißer Punkt. Unscheinbar und kaum zu erkennen. Wandert langsam durch das Halbdunkel. Hinterlässt ein kaum greifbares Glühen, doch reicht dies meine Neugierde zu wecken. Ich folge seiner Spur und bemerke nicht, wie es einen Horizont in das satte Schwarz kratzt. Linie für Linie teilt dieser die Szene in zwei Hälften. In der Ferne ein Ton. Leise scheint er auf mich zuzukommen. Bemerke leichte Abstufungen. Minimal, dennoch schön. Bin so fasziniert, dass ich das Pulsieren der Bildmitte nicht wahrnehme. Erst sanft, dann energischer. Es scheint, als würde drumherum alles vibrieren. Der Ton ist inzwischen zu einer warmen Melodie geworden. Sie lässt so etwas wie Hoffnung aufkeimen – trotz völliger Ungewissheit, die im Zentrum lauert.
Mit der Zeit schleichen sich die Gedanken zurück. Kleine Momentaufnahmen, die zaghaft die Bühne betreten. Grelle Farben inmitten eines graubunten Nebels. Ich versuche den Bildern einzelne Gefühle zuzuordnen, doch die Melodie ist inzwischen zu laut. Sie hält mich davon ab. Und irgendwie bin ich froh. Lasse jede Erinnerung ihren Platz im Ganzen finden. Eine Art Tanz, der sich zügellos anfühlt. Plötzlich sind einzelne Grenzen nicht mehr auszumachen. Ich suche den Mittelpunkt des Schauspieles, doch kann ihn nicht greifen. Kontrollverlust, den ich immer fürchte. Nun unausweichlich.
Wie im Frühling geschieht dieses Schauspiel ohne erkennbares Muster. Alles scheint chaotisch nach einem Neubeginn zu lechzen. Die Spuren des Winters werden verschluckt und Farben überziehen das Schwarz. Ich stehe an der selben Stelle, hab meine Augen fest geschlossen. Das Kribbeln kehrt zurück. Vor mir ein leuchtendes Bild – entstanden aus den unterschiedlichsten Erinnerungen. Mit genug Abstand wirkt all das gewollt. Jede Linie. Jeder Verlauf. Jeder Fleck. So wie es muss.