Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Schlagwort: Tod (Seite 1 von 1)

Kathrinchen

Es war unser Schicksal, unser Leben zu zweit zu leben und zu genießen. Und ich fand, dass es ein sehr schönes Schicksal war. Und ich bin für mich und vor allen Dingen für dich traurig, dass diese Jahre nun vorüber sind.

Plötzlich verlierst du den Menschen an deiner Seite. Musst alleine die Haustür aufschließen. Das Licht löschen. Da ist niemand, der dir eine gute Nacht wünscht. Dir nochmal über die Wange streicht. Und morgens den Rolladen nach oben zieht. Peter war über 50 Jahre mit seiner Frau verheiratet. Kathrinchen. Und dann muss er gehen. 

Die Süddeutsche Zeitung hat Kathrinchen (eigentlich Grete) getroffen und in einem wunderschönen Artikel zurückgeblickt. Auf das gemeinsame Kennenlernen. Flucht. Auswanderung. Krankheit. Bevor Peter starb, nahm er zwei CDs auf. Sprach über seine Liebe zu Kathrinchen. Darüber wie Leid es ihm tut, sie alleine zurückzulassen. Er hinterließ so seine Spuren. Und ich glitt über die Zeilen. Stolperte und weinte. Nicht nur wegen der Geschichte, sondern eigentlich der Tatsache, wie zerbrechlich alles ist. Und wie man dennoch so selten das Gegebene akzeptiert. Einfach annimmt, was das Leben bringt. 

Ich selbst strebe immer wieder nach Besserem. Möchte Dinge optimieren. Und vergesse dabei so oft, was ich eigentlich habe. Und wie schön es auch sein kann, bestimmte Dinge nicht zu haben. Weil sie irgendwann kommen. Oder weil man sie gar nicht braucht. Das mag alles neunmalklug klingen, aber das ist mir egal. Es sind Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. Die ich teilen mag. Und weil ich den Artikel so schön fand.

Naokos Lächeln

Also grübeln Sie nicht allzu ernsthaft über alles nach. Wir sind alle höchst unvollkommene Menschen (und damit meine ich alle – normalen und nicht ganz so normalen – Menschen), die in einer höchst unvollkommenen Welt leben.

Naokos Lächeln von Haruki Murakami ist nur eine Liebesgeschichte. Und doch so viel mehr. Der Wunsch nach Erfüllung und Seelenverwandtschaft.  Toru Watanabe ist unauffällig. Durchschnitt. Er hat seinen besten Freund verloren und treibt seitdem durch Tokio. Erobert Frauen nur der Eroberung wegen. Ein paar Zärtlichkeiten im Austausch, um danach wieder in seinem grauen Alltag zu verschwinden. Er wirkt gelähmt, schafft es aber dennoch immer wieder, bei ganz bestimmten Mädchen ein Gefühl der Leidenschaft zu wecken. Dann verliebt sich. In die alte Liebe seines verstorbenen Freundes. Naoko.

Ich mag Liebesgeschichten. Sehr sogar. Sie entführen mich in eine Traumwelt. In der irgendwann alles Sinn zu machen scheint. Nicht aber diese Geschichte. Sehr oft konfrontierte sie mich mit der Wirklichkeit. Mit Verzweiflung. Man kann Dinge nicht planen. Andere Menschen nicht steuern. Und auch die eigenen Gefühle nur schwer nachvollziehen. Toru Watanabe verliebt sich. Verliert sich. Und ich genoss jede Seite.

Und im Zweifel für dich selbst

Und wieder eine Buchempfehlung. Und wieder ein Roadtrip. Und wieder das Gefühl, welches unsere Generation zu verbinden scheint. Elisabeth Rank beschreibt in ihrem ersten Roman Und im Zweifel für dich selbst die Konfrontation mit dem Tod. Lene verliert ihren Freund. Plötzlich. Unerwartet. Weiß nichts mehr mit sich anzufangen und flüchtet. Zusammen mit ihrer besten Freundin Tonia versuchen sie dem dunklen Schatten zu entfliehen. Und merken mit jedem Meter, dass das eigene Leben einfrieren kann – doch alles andere bleibt. 

Ein sehr ehrliches Bild der Gedankenwelt. Der Umgang mit Trauer. Mit dem Erwachsenwerden. Bitte lesen

Die Eleganz der Magame Michel

Alle glücklichen Familien gleichen einander. Alle unglücklichen Familien sind auf eigene Art unglücklich.

Das elfjährige Mädchen Paloma möchte sich an ihrem Geburtstag umbringen, sofern sie nichts Lebenswertes in ihre Umfeld entdeckt. Sie lebt in einer Wohnung voller reicher Familien. Madame Michel ist die Concierge des Hauses, beschreibt sich selbst als verwildert und trifft auf Kakuro Ozu. Der neue Bewohner aus Japan sieht die Welt mit anderen Augen. Begleitet die Frauen auf einer Gedankenreise und bringt sie zum Vorschein,  die Eleganz der Madame Michel. Ein wunderschöner Film über das Leben, den Tod und alle liebens- und lebenswerten Dinge, die zwischen uns Menschen passieren. Ein Beispiel für die Kraft von zufälligen Begegnungen. Und ein Sammelsurium an kleinen Details, das mein Herz höher schlagen ließ. Toll.