Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

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Alles wollen. Alles verpassen.

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Vor mir liegen Magazine, Zeitschriften und Prospekte. Der Bildschirm meines Laptops blinkt hektisch und signalisiert mir, dass jemand mit mir reden möchte. Im Hintergrund hämmern die Beats durch meine Wohnung. Und zu meinen Füßen liegen Berge an Begleitmaterial der Uni. Es ist kurz nach Mitternacht und eigentlich sollte ich auch mal schlafen gehen. Doch es gibt noch so viel zu tun. Die Aufgabenliste stürmt meine Pinnwand und selbst wenn all diese kleinen Punkte vom Schwarz des Eddings vernichtet wurden, kann ich noch so viel tun. 

Wir leben in einer Gesellschaft, die uns überschwemmt. Konzerte, Clubs, Demonstrationen, TV-Events oder Kinofilme. Wir können uns mit Romanen in andere Zeiten versetzen und kostenlos durch die ganze Welt telefonieren. Im Internet gibt es mehr Buchstaben als Augen und meine Musiksammlung könnte mich jetzt schon bis zum letzten Tag begleiten. Und trotzdem sitze ich nun da und weiß nicht, was ich als nächstes tun soll. Ich fühle mich kraftlos und würde am liebsten auf Pause drücken, damit ich genug Zeit für alles hab. Doch das geht nicht. Also muss ich eine Entscheidung treffen, die sowieso die Falsche sein wird. 

Wir vergessen zu leben. Wir glauben zwar, wir tun es, indem wir uns immer mehr Hobbys zulegen und jeden Tag andere Abenteuer erleben. Doch in Wahrheit erledigen wir nur. Ich schaue mich um und sehe, was andere schaffen. Wie kreativ sie sind. Wie erfolgreich. Oder wie beliebt. Und ich möchte im Rennen bleiben. Möchte mich mit ihnen messen können. Vielleicht ist das ein Fehler, aber manchmal fehlt mir die Kraft, mal nichts zu tun. Als kleiner Andi bin ich durch die Wiese hinter unserem Haus gerannt und wollte Schmetterlinge fangen. Doch heute wäre das reinste Zeitverschwendung. Ich muss für meine Klausuren pauken. Will Zeit mit meinen Freunde verbringen. Stets über alles und jeden informiert sein. Aber komme dabei nicht mehr zum Genießen. 

Ich habe Angst, etwas wichtiges zu verpassen. Aber das wichtigste – mein Leben – verpasse ich irgendwie. Ich lebe manchmal das Leben der anderen. Schaue mich um und passe mich an. Anstatt einfach das Leben zu lieben. Es so zu nehmen, wie es auf mich zukommt. Jeden Schritt spüren und fühlen. In den Himmel starren und fliegen. In Gedanken. Wenn du diesen Text liest, dann frag dich, wann du das letzte Mal gelächelt hast. Nicht weil du etwas geschenkt bekommen hast. Oder eine Aufgabe vollendet wurde. Sondern weil du glücklich bist, zu leben… Ich liebe das Leben, aber lebe diese Liebe zu selten.

Warten auf den Frühling

Sterne über meinem Kopf. Stille in meinen Ohren. Meine Füße baumeln knapp über dem Boden. Mein Schal sitzt fest, aber ich atme frei. Schaue in die Ferne und verfolge den Wind. Wie er mit toten Ästen spielt und die erstarrten Vögel zwischen ihren Federn kitzelt. Ich sitze auf meiner Lieblingsbank. Und versuche abzuschalten. Versuche meine Zukunftsängste in die trockene Erde zu stampfen. Aber es ist noch zu kalt. Und ich bin zu schwach.

Lehne mich nach hinten und lass’ mich halten. Brauche die Bank als Stütze. Nicht finanziell, sondern körperlich. Gerne würde ich jetzt über diese Wiese rennen. Würde mich auf Blumen stürzen und Schmetterlinge fassen. Doch der Winter bleibt störrisch. Wie ein kleines Kind. Will nicht gehen. Stampft mit seinen kalten Stiefeln auf alles ein. Doch auch ich bin zornig. Lass’ es mir nicht mehr gefallen und durchbreche die Stille. Schreie laut und durchflute meine Ohren mit Musik. Springe von der Bank und kontere dem frierenden Feind mit breitem Grinsen. So nicht. Nicht mit mir. Ich will dich nicht mehr sehen! Verschwinde und mach Platz für Farben. Für Eis und Sonnenstrahlen. Lass ihn endlich meine Welt erobern.