Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Schlagwort: gedanken (Seite 1 von 1)

Weniger konsumieren und mehr diskutieren.

Zurück aus Berlin. Drei Tage re:publica und drei Tage die direkte Konfrontation mit der Aufforderung, endlich Dinge zu machen. So sprach Sascha Lobo über die Netzgemeinde und ihr fehlender Wille, mit der Politik zusammen zu arbeiten. Man flüchtet sich in ein sicheres Umfeld, in dem wenig Kritik geübt wird. Jeder spricht über die neuesten Trends, lacht über Katzenbilder und denkt über verwandte Probleme nach. Und daran scheitert die “Hobbylobby”. Auch Gunter Dueck sprach über die Schwierigkeiten, die Träume und Pläne unterschiedlicher Gesellschaftsschichten in einem Diskurs gemeinsam zusammen zu bringen. Felix Schwenzel machte sogar zehn Vorschläge, wie man die Welt verbessern könnte – endet aber dennoch bei der Aufforderung, einfach etwas zu tun. Wer es leider nicht nach Berlin geschafft hat, findet zahlreiche Vorträge und Panels als Aufnahmen im Netz. 

Auch ich sehe mich immer wieder in der Situation, zu viel zu konsumieren. Das hat nicht nur negative Folgen, denn ich lerne viele Dinge. Lese viel mehr. Bücher, Magazine, gedrucktes Zeug. Auch im Netz geht mein Fokus von Twitter vermehrt zu Blogs. Langen Gedanken und Überlegungen. Doch selbst mache ich immer weniger. Publiziere und erzeuge weniger. Manchmal fühlt es sich ein wenig wie fehlender Antrieb für digitale Dinge. Arbeite täglich für und mit dem Netz. Mein Job macht mir Spaß, aber meine Freizeit fülle ich dann lieber mit anderen Dingen. Rausgehen. Schauen. Beobachten. Mit anderen Menschen. Dabei gewinnt man die Fähigkeit, Momente auszukosten. Das ist gut. Mir fehlt aber die bewusste Reflexion mit Hilfe des Geschriebenen.

Vor 14 Jahren habe ich meine erste Webseite gebaut. Die folgenden Jahre viel gebloggt. Hab online Menschen begonnen zu mögen, andere zu lieben. Hab Gedanken geteilt und darüber diskutiert. Das fehlt mir im Moment und deswegen komme auch ich mit dem selben Vorsatz der Speaker zurück nach Hamburg. Mehr tun. Egal ob im Netz oder außerhalb. Noch mehr Texte schreiben. Noch mehr dann diese Gedanken mit anderen teilen. Darüber reden. Im Netz oder mit Freunden am Grill. Weniger konsumieren und mehr diskutieren. Über Dinge, die mich beschäftigen. Die andere beschäftigen. Und Auswirkungen auf den Alltag haben. Das können unterhaltsame Themen sein. Das sollen mehr intensivere Komplexe sein.

Kleiner Nachtrag: Ich denke, weshalb ich gerade so in den leeren Raum schreibe, liegt an einem fehlenden Ziel. Deshalb auch keine konkreten Ideen/Konzepte. Kann gar nicht sagen, ob ich über Netzthemen schreiben will bzw. diese mit der Nicht-Netzgemeinde diskutiere möchte. Oder ob ich nicht vielleicht einfach mehr Schreiben/Erstellen will. Seien es Texte zu Netzthemen, Zeitgeschehen oder auch einfach nur Gefühle. Und diese Dinge dann mit Menschen außerhalb des eigenen “Dunstkreises” teilen. Mich störte auf der re:publica, dass der Großteil (ich einbezogen) immer im selben Saft baden. Und diesen Zustand möchte ich verändern. Ist also eher der Wunsch, allgemein mehr Inhalte zu erstellen und darüber zu reden, als schon Bekanntes mit immer den selben Menschen aufzuwärmen. Denn das passiert – wie du ja auch sagst – in diesen Kreisen schon genug.

Alles wollen. Alles verpassen.

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Vor mir liegen Magazine, Zeitschriften und Prospekte. Der Bildschirm meines Laptops blinkt hektisch und signalisiert mir, dass jemand mit mir reden möchte. Im Hintergrund hämmern die Beats durch meine Wohnung. Und zu meinen Füßen liegen Berge an Begleitmaterial der Uni. Es ist kurz nach Mitternacht und eigentlich sollte ich auch mal schlafen gehen. Doch es gibt noch so viel zu tun. Die Aufgabenliste stürmt meine Pinnwand und selbst wenn all diese kleinen Punkte vom Schwarz des Eddings vernichtet wurden, kann ich noch so viel tun. 

Wir leben in einer Gesellschaft, die uns überschwemmt. Konzerte, Clubs, Demonstrationen, TV-Events oder Kinofilme. Wir können uns mit Romanen in andere Zeiten versetzen und kostenlos durch die ganze Welt telefonieren. Im Internet gibt es mehr Buchstaben als Augen und meine Musiksammlung könnte mich jetzt schon bis zum letzten Tag begleiten. Und trotzdem sitze ich nun da und weiß nicht, was ich als nächstes tun soll. Ich fühle mich kraftlos und würde am liebsten auf Pause drücken, damit ich genug Zeit für alles hab. Doch das geht nicht. Also muss ich eine Entscheidung treffen, die sowieso die Falsche sein wird. 

Wir vergessen zu leben. Wir glauben zwar, wir tun es, indem wir uns immer mehr Hobbys zulegen und jeden Tag andere Abenteuer erleben. Doch in Wahrheit erledigen wir nur. Ich schaue mich um und sehe, was andere schaffen. Wie kreativ sie sind. Wie erfolgreich. Oder wie beliebt. Und ich möchte im Rennen bleiben. Möchte mich mit ihnen messen können. Vielleicht ist das ein Fehler, aber manchmal fehlt mir die Kraft, mal nichts zu tun. Als kleiner Andi bin ich durch die Wiese hinter unserem Haus gerannt und wollte Schmetterlinge fangen. Doch heute wäre das reinste Zeitverschwendung. Ich muss für meine Klausuren pauken. Will Zeit mit meinen Freunde verbringen. Stets über alles und jeden informiert sein. Aber komme dabei nicht mehr zum Genießen. 

Ich habe Angst, etwas wichtiges zu verpassen. Aber das wichtigste – mein Leben – verpasse ich irgendwie. Ich lebe manchmal das Leben der anderen. Schaue mich um und passe mich an. Anstatt einfach das Leben zu lieben. Es so zu nehmen, wie es auf mich zukommt. Jeden Schritt spüren und fühlen. In den Himmel starren und fliegen. In Gedanken. Wenn du diesen Text liest, dann frag dich, wann du das letzte Mal gelächelt hast. Nicht weil du etwas geschenkt bekommen hast. Oder eine Aufgabe vollendet wurde. Sondern weil du glücklich bist, zu leben… Ich liebe das Leben, aber lebe diese Liebe zu selten.