Apfelpunsch in der Hand. Es riecht nach Lebkuchen. Mandarinen. Das Fenster auf Kipp lässt Hamburgs Lichter still zuschauen. Ich bin nervös mit Betreten des Raums. Unsicherheit macht sich breit. Schaue in viele Gesichter. Fühle mich kurzzeitig fremd – obwohl sie die Fremden sind. Die vor einigen Jahren oder wenigen Monaten nach Deutschland kamen. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Doch mit dem Wunsch nach Sicherheit. Einem Neuanfang. Ohne Wissen, wie das denn geht.

Ich gehe zu dir. Stelle mich vor und spüre einen festen Händedruck. Ein kurzes Grinsen. Ich greife nach Sätzen. Möchte nicht zu nahe treten, dennoch keine Distanz aufkommen lassen. Bist du zum ersten Mal hier? Ja. Man hatte dir im Deutschkurs von diesem Treffen erzählt. Du magst Deutsch. Liest gerne. Bücher über Psychologie. Sie sind kompliziert. Das magst du auch. Lernen. Kleine Schritte nach vorne. Dankbar sein für alles, was angeboten wird. Nicht klagen. Das hilft dir nicht weiter. Und auch nicht deiner Familie. Die in Afghanistan lebt. Nur wenige Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Trotzdem weit entfernt von einer Chance. Mama vermisst dich. Du vermisst Mama. Deine Augen glitzern beim Erzählen. Ein bisschen aus Wehmut. Ein bisschen aus Stolz. Sprichst du über die anderen in deiner Unterkunft, wird deine Stimme ernst. Geradeheraus. Du verstehst die Klagen nicht. Die Beschwerden der anderen. Ich möchte reflexartig Erklärungen suchen – du lässt diese nicht zu. Was würdest du tun, wenn 200 Menschen vor deiner Tür stehen und reinwollen? Das geht nicht einfach so. Man muss Abstriche in Kauf nehmen. Auch mal warten. Ein Ziel vor Augen. Festhalten.

Wie kann man euch helfen? Du schaust mich an. Kein Geld. Geld kommt und verschwindet wieder. Niemand sieht etwas davon. Dir helfen Gespräche. Orientierung. Integration. Gemeinsam ein paar Schritte laufen. Über unterschiedliche Ansichten reden. Voneinander lernen. Das hört sich alles so ehrenhaft an. Ich tue mir schwer das anzunehmen. Du schaust dich im Raum um. Zeigst auf die anderen. Zeigst auf uns. Grinst dabei und wiederholst deine Sätze. Gespräche. Orientierung. Das suchen wir alle. Wenn ein Baum im Wald Feuer fängt, brennen irgendwann alle Bäume. Egal ob nass oder trocken. Egal welche Art oder Form. Ein Sprichwort. Draußen der Weihnachtsbaum auf der Alster.


Ungeordnete Gedanken in meinem Kopf. Ein Pochen. Meine Sorgen vergleichsweise bedeutungslos. Meine Geschichte ein dünnes Heft im Vergleich zu Deiner. Sätze in unterschiedlichsten Sprachen – trotzdem konnten wir miteinander sprechen. Und mehr braucht es gerade nicht. ممنون. Dankbar.