Schreiben. Stolpern. Schluckauf.

Kategorie: Texte (Seite 8 von 9)

Zeilenende

Du liegst neben mir. Ich liege neben mir. Hab die Augen geschlossen, doch fühle deinen Blick. Deine Hand verwuschelt meine Haare. Ich mag das. Schaue dir in die Augen und streiche zart über deine Wange. Seit Stunden haben wir kein Wort gewechselt. Besitzergreifend halten wir beide an unseren inneren Ansichten fest, welche unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch äußerlich passt alles. Unsere Körper zeichnen Vollkommenheit an die Zimmerdecke. Dein breites Lachen zieht die Konturen nach. Doch das Tintenfass stöhnt. Die Feder kratzt. Das Zeilenende. Unausweichlich.

Freizeichen

Zweifeln. In meinem Kopf nur das monotone Piepsen. Du hebst nicht ab. Lässt den Hörer liegen. Den Kopf auf dem Kissen. Die Hände auf deinem Bauch. Zu oft hast du geantwortet. Hast Gefühle zugelassen. Dich auf mich eingelassen. Jetzt Ruhe. Stillstand. Und dein Blick streift die grauen Vorhänge. 

Lege auf. Stehe auf. Geh raus und suche Leere  Verstecke mich am Hafen. Ein blasses Licht wirft meinen Schatten an Container. In ihnen lagern wertvolle Hüte. Für junge Mädchen. In hohen Schuhen. In mir lagern ausgemalte Träume. Für uns beide. An nicht existenten Orten. Meine Hand streichelt den kühlen Asphalt, während der Rest loslässt. 

Ich mag dich. Und deine Art. Mag deine verträumten Augen. Und die Art wie du läufst. Hast du gesagt und bist eingeschlafen. In meinen Armen. Vor einiger Zeit. Heute blickst du in ein ernstes Gesicht. Es ist deins. Müde.  Blickt dir entgegen. Du greifst in deine Tasche. Ziehst dein Handy heraus. Fünf verpasste Anrufe. Streifst über meinen Namen. Und klickst auf Löschen. Schockstarre. Dann Erleichterung. Loslassen um zuzulassen. Setzt dich auf den Balkon. Zehn Ziffern. Warten. Freizeichen. Dann hebt er ab. Und ich schließe meine Augen. 

Sendeschluss

Der Fernseher flackert. Grau-Schwarz an allen Wänden. Zwei leere Weingläser stehen auf dem Boden. Zwischen ihnen kaum Platz für Sorgen – und so verlassen sie den Raum. Dein Kopf liegt in meinem Schoß und bewegt sich kaum. Du schläfst. Bist woanders. Ich bin bei dir. Bleibe bei dir. Regen peitscht gegen das Fenster, drückt das Efeu zu Boden und Zeitungsseiten verschwimmen. Jedes Wort wird aussagelos. Große Tintenflecken markieren die Überreste des Tages. Es war ein schöner Tag. Hab dir die Stadt gezeigt. Du hast mir deine Träume geschildert. Kleine Ausschnitte, die dir so viel bedeuten. Im Moment plagen dich andere Träume. Ein Zucken und meine Hand sucht deine Wange. Hält sie fest, damit du nicht abrutscht. Ein Blinzeln. Ein Lächeln. Und der Fernseher blendet auf Schwarz.

Ebbe und Flut

Gefühlswellen schlagen gegen die Hafenwand meines Körpers. Ich versuche still zu bleiben. Lasse das Meer seine Melodie pfeifen und ziehe mich zurück. Tritt man einen Schritt beiseite wirkt alles so klein und besonders. Blinzele in die untergehende Sonne, während das Grau des Wassers langsam die Farbe wechselt. In meinen Träumen stehst du neben mir. Hältst meine Hand und wir blicken in Richtung Horizont. Du summst leise unser Lieblingslied, während das Wasser am Fundament kratzt. Doch wir sind immer noch hier. Sind da, um uns zu lieben. Uns zu fühlen. Alles andere bringen die Gezeiten. Alles andere nimmt die Zeit. 

Ich bin der, …

Ich bin der, der irgendwann die Bar betritt. Dick eingepackt mit den Händen in den Hosentaschen. Blicke neugierig in den Raum und setze mich lautlos in eine Ecke. Den Raum unter Kontrolle, während meine Gedanken rebellieren. Die Luft erstickt an sich selbst. Wände drücken Menschen zusammen, während der Bass ihre Körper unkontrolliert zucken lässt. Ich bin ganz still. Will mich nicht bewegen. Höre in mich und lege meinen Kopf auf meine Hände.

Ich bin der, der mit seinem Blick ins Stolpern kommt. Sehe ein kurzes Grinsen und schaue hektisch wieder in eine andere Richtung. Kribbeln. Mein Herz überholt den Takt der Musik. Bleibt kurz stehen und schreit zu meinem Kopf. Der versteht und ignoriert. Langsam und heimlich wie beim Spicken in der Schule, drehe ich meinen Kopf in deine Richtung. Meine Träume spiegeln sich in deinen langen Haaren. Rutschen herab und verschmelzen mit deinen Mundwinkeln. Du betrittst die Tanzfläche. Ich bleibe sitzen.

Ich bin der, der dir auf den Hintern schielen sollte. Wäre ich so, wie der halbe Raum. Doch stattdessen starre ich in mein halb-volles Glas. Breite Blubber-Blasen bauen Bekundungen. Voller Gefühl und Sehnsucht, bevor sie am Rande des Glases zerbersten. Der Alkohol in meinen Adern. Fühle mich müde und würde mich am liebsten unter der Mütze meines Pullovers verstecken. Lege mir aber stattdessen super-coole Sprüche bereit. Damit ich dich ansprechen kann. Völlig souverän und selbstbewusst. Doch mir fehlt die Ablage. Und die anderen Eigenschaften, die ich gerade erwähnte. Muss lachen. Über mich. 

Ich bin der, der bitte im Kinderparadies abgeholt werden möchte. Ein kleines Kind in einem viel zu großen Körper. Würde gerne zu dir gehen. Hallo sagen. Dich breit anlachen und deine Hand nehmen. Dich nach draußen führen. Mich mit dir auf den Straßenrand setzen. Zuhören. Wippen. Kichern. Doch ich trau mich nicht. Hab zu sehr Angst vor den bösen Jungs, die mit ihren Baseball-Caps neben dir stehen. Von ihrem großen Baumhaus erzählen und lässig ihr Bier kippen. Da kann ich mit meiner Capri Sonne nicht mithalten. Packe die Sonne ein und lass Capri unter den Tisch fallen.

Ich bin der, der wieder alleine nach Hause geht. Aber auch der, der eines Tages beim Verlassen der Bar in deine offenen Arme läuft. Und darauf warte ich gerne. ♥